Türkische Schüler zur Zeit des Ersten Weltkriegs in Erfurt
Wir, drei Schüler aus der 9. Klasse, haben uns mit türkischen Schülern in Deutschland und vor allem mit türkischen Schülern in Erfurt beschäftigt, die während des Ersten Weltkrieges in Deutschland zur Schule gegangen sind.
Dass heutzutage viele Türken in Deutschland leben und auch nicht wenige ihre Ausbildung hier machen, ist schon lange nichts Neues mehr, doch was nicht so viele Leute wissen ist, dass es Gastschüler und Auszubildende aus der Türkei in Deutschland schon während des Ersten Weltkrieges gab.
DTV (deutsch-türkische Vereinigung)
Die deutsch-türkische Vereinigung, kurz DTV, wurde am 15. April 1914 gegründet. Im Oktober 1916 wurde die Geschäftsstelle der DTV in Berlin eröffnet.
Kurze Zeit zuvor war bereits beschlossen worden, dass einige türkische Schüler nach Deutschland kommen sollten. Dazu wurden 153 Freistellen für türkische Schüler in Deutschland errichtet, darunter auch vier in Erfurt.
Die DTV fragte bereits im September 1916 an, ob vier türkische Schüler Erfurter Oberrealschulen besuchen dürften. (Eine Oberrealschule ist ein neunstufige Schule mit deren Abschluss man studieren durfte.)
DIE SCHÜLER
Die ersten Schüler waren Arif Hikmet, Ibrahim Assim sowie die Brüder Mehmed und Achmed Memduch.
Arif Hikmet: er war der Sohn des Generals Abhas Pasha und ist 1316 des jüdischen Kalenders geboren. Diese Zeitangabe in den Archiven ist aus heutiger Sicht nicht nachvollziehbar, da sich der Jüdische Kalender bereits im 6. Jahrtausend befindet.Er beendete die dritte Klasse (Obertertia) und wollte in Deutschland die Oberrealschule besuchen und dann Landwirtschaft studieren. In Erfurt lebte er bei Herrn Pfarrer Rösener in der Andreasstrasse Nummer 16. Das Haus existiert noch heute und wird auch noch zu Wohnzwecken genutzt.
Die Brüder Mehmed Mumtas und Achmed Memduch: sie wohnten beide zusammen bei Herrn Fabrikbesitzer Wille in der Daberstedterstr. 7,III.Achmed Memduch ist im November 1320 des jüdischen Kalenders geboren. Er war der Sohn des Beamten Arsenal Begin in Erenkoi.
Er hat etwas weniger als Untertertialbildung, dies entspricht Abschluss unterhalb der dritten Klasse und möchte die Oberrealschule besuchen.
Sein Bruder Achmed Mumtas war etwas jünger, er ist 1316 des jüdischen Kalenders geboren und besitzt auch Untertertialbildung. Er möchte in Deutschland zum Ingenieur ausgebildet werden, nachdem er die Oberrealschule abgeschlossen hat.
Ibrahim Assim: er ist der Sohn eines der bekanntesten und des früh verstorbenen Rechtsanwaltes Mehmed Bessim in Angora. Er ist wie Achmed Memduch 1316 des jüdischen Kalenders geboren. Er beendete die 9. Klasse (Untersekundra). Er möchte später als Apotheker arbeiten. Er ist tüchtig und strebsam und wird für das Stipendium empfohlen, das einer der Schüler bekommen soll.
FINANZIERUNG
In den Akten des Stadtarchives sind auch Briefe zwischen dem Magistrat und der Geschäftsstelle der DTV abgeheftet. In diesen Briefen geht es meist um die Finanzierung dieses ,,Projektes”. Das Geld für das Stipendium in Höhe von 1000 Mark für den Schüler wird Monat für Monat auf ein Konto der DTV überwiesen.
Dieses Projekt hat den Staat monatlich 100 tausend Reichsmark gekostet. Weitere 100 tausend Reichsmark mussten die Eltern in der Türkei bezahlen.
Die Ausbildung der türkischen Schüler wurde außerdem durch Spenden finanziert, zum Beispiel spendete der deutsche Kaiser 100 tausend Reichsmark.
AUSWAHLVERFAHREN
Ein Ausschuss, der sich nur damit befasste, welcher der Schüler das Stipendium bekommen sollte, wurde eingerichtet.
Die türkischen Gastschüler wurden im Konstantinopler Ausschuss nach bestimmten Kriterien
ausgewählt, dazu zählten Alter, Bildung, Begabung, Gesundheit und die politische Einstellung des Vaters.
So mussten die Schüler zwischen 14 und 16 Jahre alt sein, eine bestimmte Vorbildung haben, welche genau wird in den Akten nicht ersichtlich, mussten sich durch besonderen Fleiß oder eine besondere Begabung von den Anderen abheben und der Vater musste eine prodeutsche Einstellung vertreten.
von Mattis, Niklas, Elias