Ernährungspolitik

 

Im Ersten Weltkrieg brach die Landwirtschaft weitgehend zusammen.

Er unterschied sich von früheren Kriegen, da er zwischen industrialisierten Ländern stattfand. 1914 mussten massenhaft junge Landwirte und Bauern einrücken und die Getreideernten in den darauffolgenden vier Jahren schrumpften um 1/3.

Der zuvor ausgedehnte Welthandel Europas kam teilweise zum Erliegen und konnte sein Niveau nur noch im Fall Großbritanniens und Frankreich einigermaßen halten. Das Deutsche Reich war also auf Importe angewiesen.

 

 

 

Lebensmittelmarken

Am 25. Januar 1915 wurde zu allererst Brot rationiert und die Einführung der Brotkarte begann.1

Die Lebensmittelmarken wurden vom Staat an die Bevölkerung ausgegeben und dienten zur besseren Verwaltung der Nahrungsmittel in Notzeiten. Besonders wegen der Seeblockade waren die Lebensmittelmarken notwendig, da Lebensmittelimporte kaum noch möglich waren. Die Marken wurden zur Entwertung abgestempelt und die Gültigkeit auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt.

1 http://de.wikipedia.org/wiki/Lebensmittelmarke

 

 

Kurzbiografie Luise Meyer

Luise Meyer- geborene von Eltz- wurde 1888 in Riga geboren und starb 1968 in Göttingen.1

Ihre Tochter Hildegard wurde am 29. 8. 1910 geboren und ihr Sohn Heinrich am 23.9. 1912. Anfang 1919 war Luise Meyer mit ihrem dritten Kind schwanger und aus diesem Jahr berichtet sie. Die Aufzeichnungen sind ab 1940 von ihrem Mann Rudolf niedergeschrieben worden und ihren Enkeln gewidmet.

 

"[...] Rudi unterrichtet in mehreren Schulen, weil man da um 12 Uhr einen Teller Hafersuppe bekommt. Er beeilt sich sehr, von einer Schule in die andere zu kommen, um da noch einen zweiten Teller zu erwischen. Am 1. Mai kommt er strahlend mit einer Kanne Fleischsuppe und einem richtigen Weißbrot nach Hause – es gibt noch Freuden! Minna, das frühere Stubenmädchen meiner Eltern, bringt mir jeden Sonnabend einen Sack Kartoffelschalen, die sie die Woche über gesammelt hat. Sie ist Köchin in einer Suppenküche. Nach vielem Waschen werden aus diesen Schalen Pfannkuchen gebacken, die gräulich schmecken. Im Frühling erkranken Rudi und Heinz schwer.

Wir haben nicht gewusst, dass die Keime der Kartoffeln giftig sind [...]. Eines Tages sind riesige, harte, zähe Fleischklöße in der Suppe. Wir trauen unseren Augen nicht. Jeden Tag bekommen wir nur diese Klöße – jeden Tag riechen sie noch etwas schlechter. Die Kinder sind verzweifelt. Es sind wirklich und wahrhaftig Elefantenklöße. Der Elefant im Zoo hat dran glauben müssen. Einen Sonntag sind Rudi und ich auf Skiern im nahen „Kaiserwald“ […]. Rudi kommt auf den Gedanken, den Leiter des Zoos, der da in einer Villa wohnt, zu besuchen [...]. Er kommt uns strahlend entgegen: „Nur herein, nur herein, der Löwenbraten steht auf dem Tisch!“ Es ist wie ein Märchen, und wirklich ein Löwenbraten aus dem Zoo. Die Suppenküche hat mit Entrüstung das Fleisch des jungen Löwen abgelehnt. Es schmeckt wie Putenbraten [...]"1

1 http://alt.carl-schirren-gesellschaft.de/JO09-Meyer-Erinnerungen.pdf

 

 
Kohlrübenwinter 1916/1917

Da viele Bauern, wie schon erwähnt, in den Militärdienst einzogen wurden, kam es zusätzlich zu Ernteausfällen, als die Grundnahrungsmittel rationiert wurden. Diese wurden so teuer, dass sich ärmere Bevölkerungsschichten diese nicht mehr leisten konnten. Die Lebensmittelknappheit schlug in eine extreme Hungersnot aus. Oft wurden den Bürgern Lebensmittel zugewiesen, die gar nicht vorhanden waren und viele ausgegebene Lebensmittelkarten blieben Makulatur.

Der Höhepunkt der Lebensmittelknappheit nannte sich „Steckrübenwinter“, welcher auch als Kohlrübenwinter bezeichnet wurde. Er verlief von 1916 bis 1917.

Ein verregneter Herbst brachte eine Kartoffelfäule. Ein sehr kalter Winter in den Häusern sowie in Eisenbahnverwaltungen führte zu Kohlemangel. Der Transport der Kartoffeln wurde daher erschwert und viele verdarben auf dem Weg.

Viele Städte gaben deshalb Kohlrüben aus, um den Hunger halbwegs zu beheben, und die Kohlrübe wurde zum Kartoffelersatz.

Desweiteren wurden Volksküchen und Wärmehallen errichtet, um Suppen an die Hungernden zu verteilen.1 2 3

1 http://www.wir-rheinlaender.lvr.de/erster_weltkrieg/steckruebenwinter.htm

2 http://www.rp-online.de/nrw/staedte/hueckeswagen/lebensmittel-rationiert-hunger-kommt-aid-1.4405722

3 http.//de.wikipedia.org/wiki/Deutsche Wirtschaftsgeschichte im Ersten Weltkrieg #Nahrungsmittel



Kriegskochbücher

Die Kriegskochbücher wurden seit 1915 herausgegeben.

Es wurden regelmäßig Übersichten der voraussichtlich vorhandenen Lebensmittel in die Kategorien reichlich bis sehr knapp eingeteilt.

Zuerst wurde versucht, die Einschränkungen beim Essen als eine Gesundheitsmaßnahme zu benennen. Außerdem machten Normalgewichtstabellen harte Vorgaben, denn das Standardgewicht für einen Mann von 1,90m Körpergröße darf nicht mehr als 75,6kg sein und eine Frau von 1,60m darf nicht mehr als 56,2kg wiegen.1

Später gab es diverse Kochapparate, um beim Kochen nicht nur Fett, sondern auch Brennstoff zu sparen, wie zum Beispiel die Kochkiste. Aber bloße Zurückhaltung beim Genuss von Fleisch, Fett und Weizenmehl reichte nicht aus, also wurde der Fleischkonsum zu Lasten der Kinder eingeschränkt, damit die arbeitenden Männer die Einschränkung nicht spüren mussten.2

1 Stadt und Geschichte Nr.16: Erfurt im ersten Weltkrieg, (S.42-43)

2 Stadt und Geschichte Nr. 16: Erfurt im ersten Weltkrieg (S.42-43)

 

von Anna und Johanna