Kriegsgefangenenlager

 

Im Ersten Weltkrieg (1914-1918) gerieten viele Soldaten in ausweglose Situationen, wurden verletzt, mussten sich ergeben und gerieten dadurch in Kriegsgefangenschaft. Da viele Soldaten verwundet wurden, konnte man sie allein schon aus humanitären Gründen nicht zurücklassen, außerdem waren sie ohne Bewaffnung harmlos und so gesehen war es ein Gegner weniger. Insgesamt wurden im 1. Weltkrieg 8 Millionen Menschen gefangen genommen. Davon 2,5 Millionen in Deutschland.

1. Das Kriegsgefangenenlager in Erfurt

In Erfurt, auf dem Johannesplatz,  befand sich während des 1. Weltkrieges auch ein Kriegsgefangenenlager. In diesem wurden ca. 17.000 Soldaten gefangen genommen, insbesondere Russen, Briten und Franzosen. Der Grund, weshalb man das Kriegsgefangenenlager gerade dort errichtet hat, war, dass es in günstiger Lage lag. Es befand sich in der Nähe von dem Nordbahnhof, welcher zum Gefangenentransport diente und weit genug abgeschottet von der Stadt war, dies war z.B. wichtig wegen der Hygienevorschriften.

 

1.1 Die Umstände
Die Umstände, unter denen die Gefangenen leben und arbeiten mussten, waren sehr unterschiedlich zwischen den Lagern. Im Erfurter Lager waren die Bedingungen besser als anderswo. Die Ursache lag im Engagement des Internationalen Roten Kreuzes und der neutralen Staaten. In deutschen Lagern betrug die Sterblichkeit der Gefangenen 5%, dies war im Vergleich zu anderen Lagern sehr wenig. Diese niedrige Sterberate erzielte man durch wöchentliches Desinfizieren, Entlausen und Baden der Gefangenen, dadurch konnten sich Krankheiten wie Cholera, Tuberkulose, Thyphus nicht ausbreiten. Die einzige Epidemie war die Fleckenfieberepidemie mit 100 Todesopfern im Erfurter Lager. Jedoch war die Versorgung mit Nahrungsmitteln schlecht. Die Gefangenen bekamen zwar bei ihrer Arbeit in der Wirtschaft oder Industrie ein Mittagessen und es gab auch einen kleinen Laden, in dem sie Nahrungsmittel kaufen konnten, aber durch die Hungersnot waren nicht genügend Lebensmittel vorhanden. Die Gefangenen lebten in Baracken/Zelten, welche elektrisches Licht hatten und beheizbar waren. Die Sanitäranlagen waren zeitgemäß und das Lager hatte Anschluss zum Frischwassernetz und dem Kanalsystem der Stadt. 

1.2 Modell des Erfurter Kriegsgefangenenlager

 


Erklärung zu einigen Gebäuden:  
Exerzierplatz:                 Ein Platz für Appelle (militärische Einheiten) und Formaldienste                                                     (Bundeswehr) in Kasernen oder Städten.


Kirchenbaracke:            Sie diente zur freien Religionswahl der Kriegsgefangenen.

Absonderungsbaracke: Dort kamen die Kranken hin um Ansteckungen zu vermeiden. Man                                                fand dort 51 Krankenpfleger, 2 Ärzte und einen Sanitätsunteroffizier.


Schulbaracke:               Es war eine französische und russische Schule. Man konnte dort                                                  Sprachkurse, Malkurse, Naturwissenschaftskurse und Technikkurse
                                         belegen. Außerdem gab es dort eine Bibliothek mit 1500 Büchern und                                          vielen Zeitungen.

1.-9. Kompanie:            Es gab 8 Höchstbelegungen mit bis zu 1500 Mann  und 2 neue mit                                              je 1000 Mann. Mit 14000 Mann zählte das Erfurter Lager eher zu  

                                         den kleineren Kriegsgefangenenlagern.

Küche:                            Bestand aus: einer Kantine, 2 Großküchen, einem Verkaufsraum, einer                                          Offizierskantine, einer Unteroffiziersküche und einer Unterküche für                                             Wachmannschaften.

Feuerlöschgeräte:        Zum Feuer löschen gab es: einen Löschapparat, Hydrauten, fahrbare 
                                         Spritzen und eine Lagerfeuerwehr, welche aus Gefangenen und                                                      Unteroffizieren bestand. 

Verbrennungsofen:      Dieser stand auf dem Lagerplatz und in ihm wurden Lagerabfälle                                                  verbrannt.

Kommandantur:            Davon gab es eine und sie bot intiligenten Gefangenen eine Führung                                            durch den Dom oder das Rathaus an.

Desinfektion:                 Dort wurden 1mal wöchentlich die Gefangenen desinfiziert. Dadurch                                            konnten Krankheiten wie Tuberkulose vermieden werden.

 

1.3 Der Alltag der Kriegsgefangenen

Die Kriegsgefangenen arbeiteten 8 Stunden am Tag hauptsächlich in der Landwirtschaft oder in der Industrie (zum Beispiel in der Schuhherstellung oder Rüstungsindustrie). Sie wurden am Morgen zur Arbeit gebracht und am Abend wieder abgeholt.  Im Lager wurden die Gefangenen in Arbeitsgruppen eingeteilt, die Arbeitsunfähigen wurden weitergeleitet, die Arbeitsfähigen und die mit den Spezialkenntnissen kamen in Arbeitskommandos. Die Kriegsgefangenen bekamen bei ihrer Arbeit einen kleinen Lohn von welchem sie später im Lager Nahrungsmittel kaufen konnten. Zudem bekamen sie 3 Mahlzeiten am Tag. Nahrungsmittel für sie waren z.B. Fleisch, Tee, Gemüse, Milch, Kaffee, Zucker. Nach 1916, als in Deutschland Hungersnot war, wurden fleischlose Tage eingeführt. Auch gesundheitliche und psychologische Prüfungen gab es im Lager.

In ihrer Freizeit gab es mehrere Möglichkeiten zur Beschäftigung. Sie hatten einen Sportplatz und konnten in Kurse gehen, um sich zu bilden. In der Kirchenbaracke konnten die Gefangenen ihre Religion frei ausüben, zudem herrschte Religionsfreiheit. Auch wurden Abende veranstaltet an denen die Gefangenen sangen und tanzten. Man kann also sagen, dass die Gefangenen, entsprechend der Situation in der sie lebten, einen strukturierten Tagesablauf und genügend Freizeit hatten. Jedoch darf man sich das nicht zu schön vorstellen, denn sie waren immer noch in Gefangenenschaft und dazu auch nicht in ihrem Heimatland bei ihrer Familie. 

 

1.4 Die Rechte
Die Rechte der Kriegsgefangenen waren damals in der Haager Konvention (auch Haager Landkriegsordnung) geregelt. Sie trägt neben der Genfer Konvention einen wesentlichen Teil zum humanitären Völkerrecht bei. Die Haager Konvention ist eine Vereinbarung, in der sich viele Staaten verpflichtet hatten, bestimmte Regeln einzuhalten. Für den Fall eines Krieges liegen Regeln für den Schutz von Personen, die nicht, bzw. nicht mehr an der Kampfhandlung teilnehmen, vor. Danach waren Kriegsgefangene menschlich zu behandeln. Gefangene durften mit Ausnahme der Offiziere zur Arbeit herangezogen werden, ihnen war dafür Nahrung, Kleidung und Unterkunft gegeben. Verwundeten Soldaten war nach der Haager Konvention Schutz und Versorgung geboten. Diese Regeln waren dafür vorgesehen, dass das Leid der Soldaten so weit wie möglich gelindert wurde. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges unterzeichneten viele Staaten die Genfer Konvention, in dieser wurden die Rechte der Kriegsgefangenen und allgemein das Wohlergehen aller Beteiligten verbessert. Gefangene erhielten für bestimmte Arbeiten sogar einen Lohn, außerdem durften sie nicht mehr in der Rüstungsproduktion und im Rüstungstransport eingesetzt werden. Im Ersten Weltkrieg wurde Giftgas häufig eingesetzt, dieses wurde danach in der Genfer Konvention verboten, da es viele Leben vernichtet hat.

1.5 Was passierte nach dem Krieg?

Generell aber kann man über die Rückführung der Gefangenen nach der Niederlage des Krieges am 11.11.1918 sagen, das sie nicht auf einmal von statten ging. Das wäre auch nicht möglich gewesen, da aufgrund die Gefangenen zu einem existenziellen Teil der deutschen Wirtschaft wurden. Viele Arbeitskräfte hatten sich freiwillig als Soldat gemeldet. Allein drei Millionen Männer kamen aus der Landwirtschaft. Somit hatte das Deutsche Reich mit einem beträchtlichen Arbeitskräftemängel zu kämpfen. Am schlimmsten waren die Auswirkungen der fehlenden Bauern auf die Landwirtschaft und die daraus resultierenden Hungersnöte. Deshalb wurden bereits ab 1914 Kriegsgefangene als Arbeitskräfte genutzt. Dies war auch mehrere Jahre nach dem Krieg der Fall, da es dauerte bis beispielsweise die Landwirtschaft wieder genügend Arbeiter zur Verfügung hatte. Die Rückführung der Gefangenen geschah in Schüben. Der erste Schub bestand aus gefangen genommenen Briten. Der zweite bestand aus Franzosen. Erst als letztes wurden die russischen Kriegsgefangenen zurückgeführt. Eine genaue Zahl, wann alle deutschen Kriegsgefangenenlager geräumt worden waren, gibt es nicht. ,,Es ist davon auszugehen, dass sich bis 1921 keine Kriegsgefangenen mehr in Lagern gegen ihren Willen festgehalten wurden. Einige wenige, welche über die Jahre unsere Sprache gelernt hatten und für die es in ihrem Heimatland nichts lebenswertes mehr gab blieben freiwillig in Deutschland."

 

von Lena, Kira, Felix, Conrad

 



Im Gefangenenlager zu E r f u r t im September 1915.

Ausug aus dem St. Galler Tageblatt Nr. 231 vom Sonnabend, den 2. Oktober 1915
Stadtarchiv Erfurt 5/156-5; Bd. 29





Plan des Kriegsgefangenenlagers Erfurt

M 1:2000

Stadtarchiv Erfurt 5/156-5; Bd. 1